Die Forderungen, das Rentenniveau zu stabilisieren oder gar anzuheben klingen zwar gut. Für sich allein genommen sind aber nicht nur populistisch, sondern unsozial. Für Menschen mit niedrigen Einkommen macht es keinen Unterschied ob das Rentenniveau bei derzeit 48% stabilisiert wird oder auf 43% absinkt. Sie bräuchten ein viel höheres Rentenniveau, um im Alter nicht auf Sozialhilfe (Grundsicherung) angewiesen zu sein. Ganz besonders wichtig ist das für Frauen. Ihr durchschnittliches Rentenniveau (im Westen) beträgt gerade einmal 593 Euro.

Noch gravierender aber ist: Wenn ein höheres Rentenniveau über höhere Rentenbeiträge finanziert wird, profitieren davon nur die Besserverdienenden. Menschen mit niedrigen Einkommen und Frauen mit ihren unterbrochenen Erwerbsbiographien bekommen im Altern keinen Cent mehr als die Grundsicherung, müssen aber trotzdem während ihres Berufslebens deutlich höhere Rentenbeiträge zahlen. Gegen Altersarmut hilft nur eine Abkehr vom strikten Äquivalenzprinzip so wie wir Grünen oder auch der auf Renten spezialisierte Sozialverband VdK fordern.

Das Rentenniveau wird in den nächsten Jahren weiter sinken. Gleichzeitig steigen die Rentenbeiträge deutlich an.

Infografik: Rentenniveau wird noch weiter sinken

Der Grund dafür ist die demographische Entwicklung. Unser Rentensystem ist derzeit ausschließlich auf die Arbeitseinkommen der sozialversichungspflichtig beschäftigten Menschen angewiesen. Schon heute liegt der Altersquotient in Deutschland deutlich über dem Durchschnitt. In den nächsten Jahren wird er dramatisch ansteigen.

Infografik. Demographie, Deutschland hat eine besonders alte Bevölkerung

Angesichts dieser Entwicklung kann man noch so oft eine Stabilisierung des Rentenniveaus fordern. Man sollte aber auch erklären, wie man das zu finanzieren gedenkt. Wer sich sagt, dass es doch nicht so schlimm sein kann, wenn die Rentenbeiträge noch etwas weiter steigen, sollte sich folgende Graphik ansehen:

Infografik: Belastung durch Steuern, Sozialabgaben und Transferentzugvielen Dank, Max Löffler vom ZEW für diese Graphik

Die Steuer- und Abgabenlast schlägt im unteren und mittleren Einkommensbereich erbarmungslos zu, während sie im oberen Bereich deutlich geringer ist. Bereits heute, bei Rentenbeiträgen von 18,7%, haben wir im unteren Bereich einen Grenzsteuersatz (inklusive Sozialabgaben) von über 50% und mittleren Bereich von etwa 60%, bei Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze jedoch nur noch von 44%.

Wenn man das Rentenniveau auf 50% stabilisieren und dies über Beitragserhöhungen finanzieren möchte, müssten die Rentenbeiträge um etwa 4 Prozentpunkte ansteigen. Im Jahr 2030 lägen sie dann bei etwa 28%. Die Grenzbelastung im unteren Einkommensbereich würde also auf 60% und im mittleren Bereich auf 70% ansteigen, um im oberen Einkommensbereich auf 44% abzufallen.

Noch schlimmer als diese regressive Steuer- und Abgabenbelastung ist aber die Tatsache, dass man auch bei einem Rentenniveau von 50% immer noch 45 Jahre lang durchgängig mehr als 1.800 Euro verdienen muss, um im Alter nicht auf Sozialhilfe angewiesen zu sein. Für Menschen mit niedrigen Einkommen ist es daher völlig egal, ob das Rentenniveau 43 oder 50% beträgt. Da alle Einkommen auf die Grundsicherung im Alter vollständig angerechnet werden, ist ihre Rente auf der Höhe der Grundsicherung gekappt. Die höheren Beiträge zur Rentenversicherung sind für sie komplett wertlos. Sie entlasten lediglich die Besserverdienenden. Die isolierte Forderung nach einem höheren Rentenniveau ist also äußerst unsozial.

Wir Grüne wollen daher mit unserer Garantierente ein umverteilendes Element in die Rentenversicherung einfügen. Besonders wichtig ist es dabei, dass auch die Einkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung die Garantierente erhöhen, so wie dies ein großer Teil der Grünen Rentenkommission fordert.

Auch wir wollen das Rentenniveau stabilisieren. Mit unserer Garantierente profitieren davon Menschen mit niedrigen Einkommen in ganz besonderem Maße. Aber auch für die gesamte Bevölkerung wollen wir das Niveau stabilisieren und zwar ohne die Beiträge anzuheben. Eine Beitragserhöhung kommt nur als ultima ratio in Betracht. Sie kann vermieden werden, indem wir uns für spürbare und gut in den Arbeitsmarkt integrierte Zuwanderung sowie für eine deutlich höhere Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt und schließlich für die Bürgerversicherung in der Rente aussprechen. Außerdem wollen wir alle versicherungsfremden Leistungen, wie z.B. die Mütterrente konsequent über Steuern finanzieren.


 

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