Wir wollen auch Menschen mit niedrigen Einkommen die Chance geben, sich eine echte, lebenswerte Rente zu erarbeiten. So wie alle Menschen, die den größten Teil des Lebens gearbeitet, Kinder erzogen, Angehörige gepflegt haben und sonstige Rentenansprüche erworben haben, sollen sie ihre Rente als selbstverständliche Gegenleistung für ihren Einsatz in unserer Gesellschaft ausbezahlt bekommen, und nicht, weil sie bedürftig sind. Das ist die grüne Garantierente.
Heute haben Menschen mit geringen Einkommen keine Chance im Alter der Sozialhilfe zu entkommen, selbst wenn sie 45 Jahre ohne Unterbrechung arbeiten. Noch viel problematischer ist es für die vielen Menschen, die es nicht schaffen, 45 Jahre durchgängig zu arbeiten. Besonders Frauen droht daher Armut im Alter.
Der Grund dafür ist unser Rentenniveau verbunden mit dem strikten Äquivalenzprinzip. Kein anderes Industrieland der Welt hat ein so niedriges Rentenniveau für Menschen mit niedrigen Einkommen wie Deutschland. Wenn auch Personen mit Mindestlohn nach 45 Jahren durchgängiger Vollzeittätigkeit im Alter mehr Rente als Grundsicherung erhalten sollen, müsste das Rentenniveau von heute 48% auf fast 70% angehoben werden, so wie dies in fast allen anderen Ländern der OECD üblich ist. Für ein derartiges Rentenniveau müssten bei Beibehaltung des Äquivalenzprinzips die Beiträge bereits heute auf etwa 27% angehoben werden.
Rentenbeiträge in dieser Höhe wären nicht nur extrem teuer. Sie wären auch ungerecht. Die Lohnsteuer hat einen hohen Freibetrag. Den gibt es in der Sozialversicherung nicht. Dazu kommt die Beitragsbemessungsgrenze. Dies führt dazu, dass die Belastung niedriger und mittlerer Einkommen in der Spitze bereits mit dem heutigen Beitragssatz auf etwa 60% ansteigt und für hohe Einkommen wieder auf 44% abfällt. Zu hohe Sozialabgaben sind daher keine Lösung. Sie verhindern, dass gering qualifizierte Menschen Arbeit finden und sie treiben Menschen in die Schwarzarbeit. Wir wollen daher möglichst vermeiden, den Beitragssatz für die Rentenversicherung anzuheben.
Daher ist es so wichtig, dass wir uns so vom Äquivalenzprinzip in der Rente ein Stück lösen und bis in die untere Mittelschicht den Rentner*innen etwas mehr ausbezahlen, als sie einbezahlt haben. Genauso, wie dies fast alle anderen Länder in der OECD machen. Man könnte dies versicherungstechnisch begründen, weil Menschen mit niedrigen Einkommen statistisch gesehen deutlich kürzer leben. Wir wollen aber keine Debatte über unterschiedliche Lebenserwartung führen und wollen diese Leistung daher durch einen höheren Steuerzuschuss zur Rente finanzieren.
In der Rentenkommission von Bündnis 90/Die Grünen konnten wir einen Konsens herbeiführen, die bislang in der Grünen Garantierente vorgesehene stigmatisierende Bedürftigkeitsprüfung abzuschaffen und Menschen nicht mehr dafür zu bestrafen, wenn sie trotz ihrer geringen Einkommen freiwillig Altersvorsorge betreiben. D.h. Bezieher*innen von Garantierente sollen nun ihre private und betriebliche Altersvorsorge komplett behalten dürfen.
Nicht einigen konnten wir uns auf den zweiten grundlegenden Punkt, um aus der Garantierente eine echte Rente zu machen. Zusammen mit einem großen Teil der Kommission bin ich der Meinung, dass die Garantierente noch weiter reformiert werden sollte: Genau wie bei allen anderen Rentner*innen, sollten höhere Beiträge in die GRV auch zu einer höheren Rente führen. Die meisten Menschen empfinden es als ungerecht, wenn es für die Rente keinen Unterschied macht, ob man wenige Jahre ein paar Stunden in der Woche gearbeitet hat oder 45 Jahre Vollzeit.
Dies ist uns auch familienpolitisch wichtig. Wir wollen es Menschen, die eine Elternzeit genommen haben, möglichst leicht machen, wieder in ihren Beruf einzusteigen. Dazu gehört auch, ihnen eine höhere Rente zugestehen, wenn sie wieder arbeiten, sonst sind ihre Rentenbeiträge wertlos und halten sie davon ab wieder eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufzunehmen.
Uns ist das Anwachsen der Garantierente auch sozialpolitisch wichtig. Unser Ziel ist es, die Renten bis in die untere Mittelschicht anzuheben. Mit unserem Modell einer anwachsenden Garantierente ist dies deutlich günstiger und gerechter möglich, als wenn das Rentenniveau für alle, inklusive auch der sehr hohen Renten angehoben würde. Unser Modell würde die steuerliche Subventionierung niedriger Renten nicht abrupt beenden, wenn sich Menschen 900 Euro Rente selbst erarbeitet haben, sondern die Subventionierung mit zunehmenden selbst erworbenen Rentenansprüchen schrittweise abschmelzen.
Graphisch sieht der Vergleich der beiden Modelle – gekappte und anwachsende Garantierente – in etwa so aus: Die X-Achse zeigt die selbst erarbeitete Rente in Euro pro Monat und die Y-Achse die subventionierten Ansprüche nach Einführung der Garantierente.
Eine anwachsende Garantierente würde etwa 5 Milliarden Euro mehr als eine gekappte Garantierente kosten.
Gerechtigkeitsempfinden der breiten Bevölkerung, ökonomische Anreize für die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und die sozialpolitisch wünschenswerte Vision einer lebenswerten Rente auch für die untere Mittelschicht, sprechen also für eine anwachsende Garantierente.
Die Bundestagsfraktion will Geringverdiener*innen mit einem Zuschuss zur Riesterrente fördern. Diese Förderung kostet etwa 3 Milliarden Euro. Wir sind der Meinung, dass diese Mittel besser für die anwachsende Garantierente genutzt werden sollten.
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Lieber Udo, vielen Dank für den spannenden Abend. Ich schick Dir meinen Blog-Link; wenn Du etwas geändert haben möchtest, ist das kein Problem. Beste Grüße, Christa (Grüne Alte Hamburg)
http://alte.lag-gruene.de/gruene-rente-in-der-diskussion/
Nachwuch droht Gehalt auf Hartz-4-Niveau
Ende der Wohlstands-Ära: Die Jungen werden ärmer als ihre Eltern
http://www.stern.de/wirtschaft/geld/mckinsey-studie–die-jungen-werden-aermer-als-ihre-eltern-6971346.html
oder auch ganz lecker: Verarmung als Megatrend – siehe auch: https://www.berlinjournal.biz/verarmung-kinder-aermer-als-eltern/
Laut Politik müsse man sich “integrieren” (nach Definition der Politik was das denn angeblich sei). Dazu braucht es in der heutigen Zeit üppige Geldmittel, die die meisten Leute, die angeblich “nicht integriert” sind (auch sehr viele Deutsche), gar nicht aufbringen können.
Auf einen Zusammenhang stieß die britische Soziologin Marii Peskow in der European Social Survey (ESS): Demnach sei die Bereitschaft zur Wohltätigkeit in egalitären Gesellschaften deutlich schwächer ausgeprägt, als in solchen mit großen Einkommensunterschieden. Die Erklärung dafür liege im sozialen Statusgewinn, den Wohlhabende in ungleichen Gesellschaften erfahren würden, wenn sie Schwächere unterstützten. In egalitären Gesellschaften herrsche hingegen das Bewusstsein vor, dass dank des Sozialstaats für die Schwachen schon gesorgt sei.
Faulheit gilt in den westlichen Industrienationen als Todsünde. Wer nicht täglich flott und adrett zur Arbeit fährt, wer unbezahlte Überstunden verweigert, lieber nachdenkt als malocht oder es gar wagt, mitten in der Woche auch mal bis mittags nichtstuend herumzuliegen, läuft Gefahr, des Schmarotzertums und parasitären Lebens bezichtigt zu werden.
Nein, stopp: Nur die armen Arbeitslosen fallen in die Schublade »Ballastexistenz«. Millionenerben, Banker- und Industriellenkinder dürfen durchaus lebenslang arbeitslos und faul sein. Sie dürfen andere kommandieren, während sie sich den Bauch auf ihrer Jacht sonnen.
Früher glaubten viele Menschen an einen Gott. Wie viele heute noch glauben, da oben säße einer, der alles lenke, weiß ich nicht. Das ist auch egal. Gottes ersten Platz hat im modernen Industriezeitalter längst ein anderer eingenommen: Der »heilige Markt«. Der Finanzmarkt. Der Immobilienmarkt. Der Energiemarkt. Der Nahrungsmittelmarkt. Und der Arbeitsmarkt.
Der Arbeitsmarkt ist, wie der Name schon sagt, zum Vermarkten von Arbeitskraft da. Wer kein Geld und keinen oder nur sehr wenig Besitz hat, verkauft sie. Die Eigentümer der Konzerne konsumieren sie, um daran zu verdienen. Das geht ganz einfach: Sie schöpfen den Mehrwert ab. Sprich: Der Arbeiter bekommt nur einen Teil seiner Arbeit bezahlt. Den Rest verrichtet er für den Gewinn des Unternehmers.
Arbeit verkaufen, Arbeit konsumieren: So geschieht es seit Beginn der industriellen Revolution. Denn Sklaverei und Leibeigenschaft wurden ja, zumindest auf dem Papier, abgeschafft.
Solange Furcht vor Strafe, Hoffnung auf Lohn oder der Wunsch dem Über-Ich zu gefallen, menschliches Verhalten bestimmen, ist das wirkliche Gewissen noch gar nicht zur Wort gekommen. (VIKTOR FRANKL)
Die Todsünde der Intellektuellen ist nicht die Ausarbeitung von Ideen, wie fehlgeleitet sie auch sein mögen, sondern das Verlangen, diese Ideen anderen aufzuzwingen (Paul Johnson)
Der Teufel hat Gewalt, sich zu verkleiden, in lockende Gestalt… (Shakespeare)
Das Heimweh nach der Barbarei ist das letzte Wort einer jeden Zivilisation (Cioran)
Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher (Voltaire)
Die Gefahr ist, dass die Demokratie zur Sicherung der Gerechtigkeit für diese selbst gehalten wird (Frankl)
Absolute Macht vergiftet Despoten, Monarchen und Demokraten gleichermaßen (John Adams)
Moral predigen ist leicht, Moral begründen schwer (Schopenhauer)
Unser Entscheiden reicht weiter als unser Erkennen (Kant)
Denn mancher hat, aus Furcht zu irren, sich verirrt (Lessing)
Die Augen gingen ihm über, so oft er trank daraus… (Goethe)
Immer noch haben die die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen (Hölderlin)
So viele Gefühle für die Menschheit, dass keines mehr bleibt für den Menschen (H. Kasper)
“Die Dummheit von Regierungen sollte niemals unterschätzt werden” (Helmut Schmidt)