Die Bundesbank fordert die Rente mit 69. Ich dachte immer, die Aufgabe der Bundesbank sei es, sich mit Geldpolitik auseinanderzusetzen. Warum Vorschläge zur Sozialpolitik Teil dieses Auftrages sind, ist mir nicht wirklich klar. Aber wenn man von dieser Kuriosität absieht, muss man zugestehen, dass die Volkswirte in Frankfurt rechnen können: eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit hat einen großen Effekt auf das Rentenniveau. Aber vor lauter Rechenmodellen bleibt den Bundesbankern kein Blick für die bittere Realität: Für Menschen mit geringen Einkommen ist es völlig egal, ob das Rentenniveau stabilisiert wird, oder noch weiter absinkt.

Wer 2.000 Euro brutto verdient, hat nach Sozialabgaben etwas mehr als 1.600 Euro. Ein Rentenniveau von 48%, so wie heute, bedeutet eine Nettorente von unter 800 Euro (48% von 1.600 sind 768). Dafür muss man aber 45 Jahre lang ununterbrochen arbeiten und jeden Monat 2.000 Euro verdienen. Diese Zahlen zeigen, dass es unerheblich ist, ob das Rentenniveau dank Renteneintritt mit 69 Jahren auf 44% stabilisiert wird oder auf 40% absinkt. Selbst mit einem Niveau von 50% wäre man nur knapp über der Sozialhilfe (Grundsicherung im Alter).

Man sieht einmal wieder, wie wichtig unsere anwachsende Garantierente ist, um auch Menschen mit geringen Einkommen eine echte Rente zu gewährleisten. Wir wollen allen Menschen, die 30 Jahre lang Kinder erzogen, gearbeitet oder andere Anwartschaften in der gesetzlichen Rente erworben haben, eine echte Rente garantieren: 900 Euro Rente (30 Erwerbspunkte), ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Gang zum Sozialamt. Alle privaten Ersparnisse, private oder betriebliche Altersvorsorge können komplett behalten werden. Und wir wollen, dass zusätzliche Ansprüche aus der gesetzlichen Rente ebenfalls die Garantierente erhöhen.

Zu den Zahlen der Bundesbank:

Ob man anstatt 20 Jahre Rente zu genießen nur 18 Jahre der jungen Generation zur Last fällt, ist ein Unterschied von 10%. Und 47 anstatt nur 45 Jahre zu arbeiten sind auch noch einmal 5% mehr. Man braucht also keine fundierten volkswirtschaftliche Modelle, um zu sehen, dass die Verlängerung der Lebensarbeitszeit einen besonders großen Hebel hat.

Deutlich schwieriger ist die Prognose des Rentenniveaus und der Beitragssätze im Jahr 2060. Wie hoch wird die Quote der Erwerbstätigen sein? Wird es immer noch so schwierig für Frauen, einen vernünftigen und Job mit gleich hohem Lohn wie für Männer zu finden? Werden wir eine Nettozuwanderung von 200.000 Menschen pro Jahr haben, wie die Bundesbank annimmt, und diese Menschen gut in die Arbeitswelt integrieren? Und wie sieht es mit der Lebenserwartung aus? In den letzten 45 Jahren ist die Lebenserwartung um etwa 6 Jahre angestiegen. Werden wir im Jahr 2060 wirklich im Durchschnitt alle fast 90 Jahre alt, wie die Bundesbank prognostiziert?

Mit den Annahmen der Bundesbank sinkt das Rentenniveau von heute fast 48% auf nur noch 40,5% im Jahr 2060 und das, obwohl die Rentenbeiträge von 18,7% auf 24% ansteigen. Wenn die Rentenbeiträge auf 69 Jahre angehoben werden und der “Eckrentner” in Zukunft nicht mehr  45 Jahre sondern 49 Jahre arbeitet, lässt sich das Rentenniveau auf immerhin 44% stabilisieren. Welch wunderbarer Erfolg …

Anstatt von allen Menschen zu verlangen, dass sie bis zum Umfallen arbeiten, fordern wir Grüne einen wirklich flexiblen Eintritt in die Rente. Menschen, die gesund sind und gerne länger arbeiten, sollen dies wirklich unbürokratisch tun können. Sie sollen dafür auch umfassend belohnt werden, sprich den vollen versicherungsmathematischen Betrag an höherer Rente erhalten. Es kann nicht sein, dass die Arbeitgeber Rentenbeiträge, leisten, von denen die länger arbeitenden Arbeitnehmer nichts haben. Außerdem wollen wir volle Flexibilität für jegliche Form der Teilzeitarbeit und Teilrente, um den Übergang in den Ruhestand weniger abrupt zu gestalten.

Menschen mit niedrigen Löhnen sind in der Regel auch diejenigen, die so ausgelaugt sind, dass sie nicht bis 69 arbeiten können. Daher macht für sie eine obligatorische längere Arbeitszeit keinen Sinn. Für sie fordern wir die anwachsende Garantierente. Gut verdienende Menschen, die sich ein höheres Rentenniveau wünschen, können freiwillig länger arbeiten. Für sie ist es natürlich wichtig, wie sich das Rentenniveau weiter entwickelt. Daher haben auch wir Grüne klare Vorstellungen, wie wir das Rentenniveau ohne Beitragserhöhungen stabilisieren.

 

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