Es gibt Gerüchte, dass die Nummer 2 und die Nummer 3 der europäischen Versicherungsbranche zu einem neuen Versicherungsgiganten fusionieren wollen. Das ist hoch problematisch.

Alle Unternehmen, egal ob groß oder klein, müssen die gleichen Chancen haben, sich am Markt er­folgreich zu betätigen. Staatliches Handeln darf nicht dazu führen, dass sich Großunternehmen Monopolgewinne sichern können.

Deswegen gibt es das Kartellrecht. Das blendet aber finanzielle Marktmacht komplett aus. In der Krise haben wir gesehen, dass too big to fail Banken den Staat erpressen konnten und daher gerettet wurden. Ihre Gläubiger wissen also, dass diese Banken niemals Pleite gehen werden und ihre Kredite daher risikolos sind. TBTF Banken können sich daher extrem preiswert finanzieren. Fast so günstig, wie die Staaten, die ihren Schutzschirm über sie aufspannen. Und viel billiger als kleine Banken. Das ist ein enormer Wettbewerbsvorteil, eine implizite staatliche Subvention. Der Internationale Währungsfonds schätzt diese Subventionen für Großbanken auf 200 Milliarden Euro allein in Europa!

Daher mahnt die Monopolkommission zu Recht an, ein eigenständiges Bankenfusionsrecht zu schaffen, so dass bereits systemrelevante Banken nicht durch Aufkäufe noch weiter wachsen können.[1]

Auch im Versicherungsbereich gibt es ein Problem mit Marktmacht. Die Allianz domi­niert den Markt. Jede dritte neue Lebensversicherung in Deutschland geht zur Allianz. Die Kund*innen wissen, dass der Staat die Allianz niemals Pleite gehen lassen wird. Jahr für Jahr erzielt die Allianz so eine Rendite auf das in der Lebensver­sicherung eingesetzte Eigenkapital von über 30%, während ihre Kunden nur noch 1,25% garantiert be­kom­men. Im Jahr 2015 waren es gar stolze 36%! [2]

Auch in der Versicherungsbranche braucht es daher eine too big to fail Fusionskontrolle. Und wir brauchen unbedingt Gesetz zur Abwicklung von Versicherungsunternehmen in der Krise. Wenn Banken straucheln, sind die Kundenguthaben geschützt. Es gibt klare Regeln, dass zuerst die Aktionäre haften und dann die Gläubiger. Auch Spitzengehälter und Boni von Managern werden begrenzt. Die Guthaben von Kund*innen bis 100.000 Euro dürfen hingegen definitiv nicht angetastet werden. In der Versicherungswirtschaft ist das genau umgekehrt. Da werden die Kund*innen mit einer garantierten Ver­zin­sung gelockt, ohne sie darauf hinzu­weisen, dass die Garantie in guten Zeiten erheb­liche Rendite kostet und in schlechten Zeiten völlig wertlos ist: Der Gesetzgeber hat den Unternehmen nämlich die Möglichkeit gegeben, in schlechten Zeiten einfach die Leistungen der Versicherten zu kürzen.[3] Das ist nichts anderes als ein bail-in der Kundenguthaben.

Man fragt sich, warum das in der Versicherungsindustrie so sein muss. Einen bail-in der Versicherten sollte es eigent­lich nie geben. Kundenguthaben müssen daher unbedingt besser geschützt werden. Wenn Versicherungsunternehmen in die Krise kommen, müssen deren Aktionäre haften und deren Gläubiger und nicht die Kund*innen!


[1] Monopolkommission (2014), Eine Wettbewerbsordnung für Finanzmärkte, 20. Hauptgutachten der Monopolkommission, 2012/2013

[2]  Die Zahlen zur Eigenkapitalrendite stammen aus dem Geschäftsbericht der Allianz Lebensversicherungs AG: 499 Millionen Euro aufgrund eines Gewinnabführungsvertrags abgeführte Gewinne zuzüglich 79 Millionen Jahresüberschuss dividiert durch 1.598 Millionen Euro Eigenkapital. Der Gararantiezins wird ab 2017 auf 0,9% abgesenkt . Erbezieht sich auf den sogenannte “Sparbeitrag”, also den Teil der Kundengelder, der nach Abzug der hohen Kosten der Lebensversicherung noch übrig bleibt. Effektiv, also nach Kosten, wird den Kund*innen also gerade mal der Werterhalt garantiert.

[3] Paragraph 314 (früher 89) VAG und Paragraph 163 VVG

 

 

 

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