Griechenland braucht wieder finanzielle Hilfe. Erstmalig wird jetzt offensiv ein Schuldenschnitt diskutiert. Ist dieser bei einem Schuldenstand von 180% des BIP nicht unabdingbar? Sicher ist, so kann es nicht weitergehen. Die brutale Austerität gefährdet die Demokratie. Immerhin gibt es jetzt ein Signal, dass Griechenland nicht ewig sparen kann. Aber wie so oft wurde das Problem nur vertagt. Griechenland muss bis 2018, also nach den deutschen Bundestagswahlen, weiter radikal sparen. Erst danach soll über Erleichterungen gesprochen werden. Angesichts der dramatischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage in Griechenland wäre es jedoch jetzt wichtig gewesen, das Land wieder auf die Beine zu bringen und den Menschen Hoffnung zu machen.

Noch besser als ein Schuldenschnitt wäre aber ein europäischer Schuldentilgungspakt, finanziert über eine europäische Vermögensabgabe.

Da ein Schuldenschnitt hauptsächlich öffentliche Gläubiger betreffen und damit auch wesentlich vom deutschen Steuerzahler getragen werden müsste, wird dieses Thema vor der Wahl tabuisiert. Ökonomen haben natürlich einen Punkt, dass eine Schuldenlast von 180% vom BIP im Grunde nicht tragbar ist. Die Debatte über einen Schuldenschnitt im Vergleich zu harten Austeritätsprogrammen lenkt jedoch von einer wesentlich gerechteren Lösung ab.

Es ist außer Frage, dass Griechenland weiterhin viele und auch schmerzhafte Reformen durchführen muss. Insbesondere der öffentliche Dienst und die Steuerverwaltung muss deutlich effizienter gemacht werden. Der Vorwurf hingegen, dass Griechenland Privatisierungen zu schleppend vorantreiben würde, geht völlig an der Realität vorbei. Welches internationale Unternehmen ist bereit, ein griechisches Infrastrukturprojekt oder Staatsunternehmen zu erwerben, solange insbesondere auch deutsche Politiker immer wieder von einem Ausstieg Griechenlands aus dem Euro schwadronieren? Wer investiert Milliarden Euro, wenn er damit rechnen muss, in wertlosen Drachmen bedient zu werden? Die sicherlich wichtigen Privatisierungen werden frühestens an Fahrt aufnehmen, sobald ein Verbleib Griechenlands im Euro nicht mehr in Zweifel gezogen werden kann.

Wichtiger als schöne Worte diesbezüglich von Herrn Schäuble – als ob deutsche Politiker noch nie Versprechen gebrochen hätten – sind unumstößliche Fakten. Deswegen ist der vom deutschen Sachverständigenrat geforderte Schuldentilgungspakt so enorm wichtig. Eine Vergemeinschaftung der Altschulden mit einem klaren Tilgungsplan und mit designiertem Steueraufkommen würde jegliches Gerede über ein Auseinanderbrechen des Euro hinfällig machen. Damit würde endlich die lähmende Unsicherheit in den Ländern Südeuropas vertrieben und Investitionen würden sich wieder lohnen. So würde man nicht nur Investoren für die geplanten Privatisierungen finden, auch andere Wachstumsinvestitionen würden in Gang gesetzt und neue Arbeitsplätze würden geschaffen. Damit würde die Wirtschaftsleistung und vor allem die Steuereinnahmen des Landes wieder steigen und so auch der Schuldenstand selbst von Griechenland wieder tragfähig werden.

Neben dieser enorm wichtigen vertrauensbildenden Maßnahme, spielt die Finanzierung des Schuldentilgungspaktes eine Schlüsselrolle. Die falsche Finanzierungsform würde die Austerität weiter verschärfen und damit das Wachstum abwürgen. Außerdem stellt sich die Gerechtigkeitsfrage: wer hat von dem Aufschwung vor der Krise am meisten profitiert und wer wurde in der Krise am meisten getroffen? Beide Punkte sprechen eindeutig für eine europäische Vermögensabgabe. Im Gegensatz zu den insbesondere in Deutschland stagnierenden Arbeitseinkünften haben sich die Vermögen in Deutschland und Europa in den letzten gut zwanzig Jahren fast verdoppelt.

Bei den Rettungsmaßnahmen während der Finanzkrise wurden Gläubiger und Eigner der Banken zulasten der gemeinen Steuerzahler gerettet. Eine jüngst veröffentlichte Studie im Auftrag der Grünen Fraktion zeigt, dass allein bei den vier größten griechischen 20 Milliarden Euro, also 15% des griechischen BIP, durch politische Inkompetenz und ideologische Scheuklappen verschleudert wurden. Hier kann man nicht Griechenland den Vorwurf der schlechten Staatsverwaltung machen. Die Leitlinien des Banken Bail-out wurden nicht in Griechenland, sondern in Brüssel und Berlin gesetzt. Hätte man rechtzeitig die Gläubiger beteiligt, hätte dies Vermögen in Europa belastet, aber niemand würde heute über einen griechischen Schuldenschnitt sprechen.

Die Europäische Zentralbank hat eine wichtige Studie über die Vermögen privater Haushalte in der Eurozone vorgelegt. Leider beruhen die Vermögensangaben darin weitgehend auf Selbsteinschätzung und sind somit wahrscheinlich deutlich zu niedrig ausgewiesen. Dennoch wird klar, dass in allen Ländern der Eurozone, auch in Griechenland, mit 250-350% des BIP erhebliche private Vermögen vorhanden sind. Eine Vermögensabgabe von 15% auf große Privatvermögen kann einen ganz erheblichen Beitrag zur Finanzierung der Kosten der Finanzkrise leisten. Selbst wenn sehr hohe Freibeträge gestattet werden, würde diese Vermögensabgabe den Schuldenstand in Europa schnell wieder in eine tragfähige Region zurückbringen. Eine einmalige Abgabe auf große Vermögen würde zudem weder den Konsum in Europa weiter abwürgen, noch hätte sie Auswirkungen auf Investitionen und Wachstum.

Ein Schuldenschnitt würde zwar Griechenland entlasten, würde aber die anderen europäischen Steuerzahler, sprich den Konsum und die Arbeitseinkommen zusätzlich belasten. Dies wäre nicht nur ungerecht, sondern würde den Aufschwung auch weiter belasten.


 

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