In Sachen Bankenregulierung tut Wolfgang Schäuble immer groß. Leider sorgt er selten dafür, dass seine hehren Parolen auch Wirklichkeit werden. Auch die Sozialdemokraten fordern in Wahlkampfreden unablässig, dass wenigstens die Schattenbanken endlich härter reguliert werden sollten. Sonntags kann man schön reden. Im Parlament kuschen CDU und SPD dann doch lieber vor der Bankenlobby und stimmen einem Schattenbankenschongesetz zu.

Schattenbanken waren einer der wichtigsten Brandbeschleuniger während der Finanz­krise. Das Vermögen dieser weitgehend unregulierten und intransparenten Branche wird auf über 50 Billionen Dollar geschätzt, fast soviel wie die jährliche Wirtschaftsleistung der gesamten Welt.

Unter diesen oft polemisch genutzten Begriff fallen allerdings auch viele respektable und wichtige Institutionen wie Geldmarktfonds oder sogar Versicherungen. Angesichts verschärfter Regeln für Banken drängen diese in das klassische Banken­geschäft: Sie nehmen kurzfristig kündbare Kundengelder an, für die sie einen festen Wert garantieren, genau so wie auf einem klassischen Bankkonto. Und sie nutzen die Gelder, um Kredite zu vergeben. Die Kredite haben Ausfallrisiko und vor allem sind sie nicht täglich kündbar so wie die Kundengelder.

Genauso wie bei Banken entsteht daher leicht das Risiko einer Panik. Es entsteht ein Gerücht, dass ein Fonds in Schieflage kommen könnte. Kunden ziehen ihre Gelder ab. Dies zwingt den Fonds dazu, seine Anlagen überstürzt zu liquidieren. Damit fallen die Werte der Vermögensgegenstände nicht nur bei diesem sondern auch bei anderen Fonds. Das Gerücht verstärkt sich und ein Massenansturm setzt auf alle Geldmarktfonds ein. Da Geldmarktfonds eine essentielle Finanzierungsquelle für viele Banken und Unternehmen sind, stürzt diese Panik die gesamte Wirtschaft in eine massive Krise.

Genau das ist in den USA, wo Schattenbanken schon viel verbreiteter als in Europa sind, während der Finanzkrise passiert. Als im September 2008 der älteste amerikanische Geldmarktfonds zahlungsunfähig wurde, musste die US Regierung alle Guthaben aller Geldmarktfonds – Billionen von US Dollar – unter Staatsgarantie stellen. Nur diese extrem radikale Maßnahme konnte eine Kernschmelze der amerikanischen Wirtschaft verhindern. Die USA haben daraus gelernt. Dort werden inzwischen auch Schatten­banken hart reguliert. Geldmarkt­fonds dürfen nicht mehr so tun als seien sie Banken. Sie dürfen ihren Kunden nicht mehr versprechen, dass ihre Einlagen immer genau wie auf einem Bankkonto einen festen Wert haben. Schließlich ist ein Fonds ein Fonds. Und Fonds haben schwankende Werte. Jeder, der einmal einen Fonds gekauft hat, weiß das.

Genau diese Schlussfolgerung hatte auch der Europäische Ausschuss für Finanzmarkt­stabilität (ESRB) für Europa gezogen. Der Verwaltungsrat des ESRB, also keine Geringeren als u.a. die 28 Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedsländer, hatte sich unmissverständlich zu diesem Thema geäußert und eine eindeutige Empfehlung ausgesprochen, Fonds zu verbieten, feste Rückkaufswerte zu garantieren. Wer sollte in Europa auch eine Staatsgarantie über die 1.000 Milliarden Euro schweren Geldmarkt­fonds aussprechen, wenn es zur Krise käme.

Die EU Kommission hat vor der letzten Europawahl den Entwurf für eine Regulierung der Geldmarktfonds vorgelegt. Der damalige Kommissar Barnier war nicht besonders mutig. Er wollte es sich nicht komplett mit der mächtigen Finanzlobby verderben  und hatte daher für CNAV Fonds lediglich einen Kapitalpuffer von mindestens 3% auf die kompletten Anlagen der Fonds vorgeschlagen.

Nach der Europawahl haben sich die Zeiten noch mehr in Richtung Deregulierung gewandelt.  Lord Hill, ehemaliger englischer Bandenlobbyist und Nachfolger von Barnier hatte keine große Eile, Schattenbanken zu regulieren. Wichtiger waren ihm bessere Märkte: Kleine Unternehmen bekämen kein Geld von Banken, weil diese zu kapitalschwach seien. Anstatt die Banken konsequent zu rekapitalisieren, propagierte Lord Hill daher die Kapitalmarktunion. Laut Lord Hill sollen Handwerker Unternehmensanleihen begeben, die dann von Geldmarktfonds gekauft werden.

Aber auch nach dem Brexit und Ausscheiden von Lord Hill ist es nicht besser geworden. Herr Schäuble wettert sonntags immer noch gegen Schattenbanken aber im EU Parlament verhindert er nicht, dass seine Parteifreunde aus der EVP für den Erhalt der Schattenbank-Geldmarktfonds stimmen.

Dabei wäre es diesmal wirklich einfach gewesen. Ein einziger Satz wäre nötig, um Geldmarktfonds sinnvoll zu regulieren: Fonds mit festen Rückkaufswerte sind nicht erlaubt. Wer einen festen Rückkaufswert haben will, muss sein Geld halt auf eine regulierte Bank legen.

Vergleiche dazu auch die jüngste Pressemitteilung von Sven Giegold.

 

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