Der Staat muss kein schlechter Eigentümer sein. In Norwegen zum Beispiel sind Staatsunternehmen genauso erfolgreich wie private. Der Grund dafür ist die corporate governance. Die Unternehmen werden nicht von Politikern beaufsichtigt, sondern von Menschen mit relevanter Expertise.[1] Leider wird diese Erkenntnis bei den deutschen Banken in öffentlicher Hand nicht befolgt. Eine Studie der Universität Insead zeigt, dass die Inkompetenz der Aufsichtsräte einer der Gründe für die gigantischen Verluste der Landesbanken während der Finanzkrise war. Auch eine Studie des IWF über den deutschen Bandensektor bezeichnet den politischen Einfluss auf das deutsche Bankensystem als exzessiv.
Die Bundesregierung hat auf diesen Missstand in gewohnter Manier reagiert: sie verabschiedet ein Gesetz mit dem die Öffentlichkeit ruhig gestellt wird, aber mit dem gewährleistet ist, dass die Banken munter weiter ihre Spielchen treiben können. Die BaFin wurde verpflichtet, die Qualifikation der Aufsichtsräte von Banken zu prüfen. So weit so gut. Nur definiert nicht der Gesetzgeber, wer qualifiziert ist, sondern die BaFin. Und diese hat doch tatsächlich verfügt, dass Politiker, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum mit wirtschaftlichen oder rechtlichen Fragestellungen beschäftigt haben, grundsätzlich als qualifiziert gelten. Einmal wieder ein Beleg dafür, dass keine Bankenaufsicht einer Industrienation so politisch abhängig ist wie die BaFin.[2] Die Konsequenz daraus ist, dass zum Beispiel im Aufsichtsrat der Bayerischen Landesbank auch im Januar 2017 noch genauso wie im Jahr 2007 nur 2 von 11 Personen einschlägige Erfahrung in der Finanzbranche vorweisen.
Neben der Ausnahme für Politiker scheint die BaFin auch sonst nicht allzu großen Wert auf formale Qualifikation der Aufsichtsräte zu legen. Langjährige politische Traditionen scheinen wichtiger als harte Prinzipien. So gibt es zum Beispiel im Aufsichtsrat der KD-Bank für Kirche und Diakonie eine fünfzehnköpfigen Aufsichtsrat, bei dem bis auf eine Person niemand Bankerfahrung zu haben scheint, dafür sind bis auf zwei Vertreter westfälischer Genossenschaften alle Mitglieder Kirchenvertreter. Vielleicht sagt sich die BaFin ja, dass – so wie Politiker – auch Kirchenvertreter die Kompetenz zur Bankenaufsicht schon mit der Muttermilch aufgesogen haben. Ähnlich sieht es in der Bank für Sozialwirtschaft aus, wo ebenfalls nur eines von zwölf Mitgliedern offensichtliche Bankerfahrung zu haben scheint. Immerhin gibt es dort neben den vielen Vertretern der Wohlfahrtsverbände auch zwei Wirtschaftsprüfer.[3]
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Vergleich zwischen den Landesbanken und den genossenschaftlichen Zentralinstituten. Letztere sind im Gegensatz zu den Landesbanken sehr gut durch die Krise gekommen, obwohl sie im Grunde die gleiche Funktion für die Genossenschaftsbanken ausüben wie die Landesbanken für die Sparkassen. Ein Grund dürfte die corporate governance Situation sein. Im Aufsichtsrat der DZ Bank hat jedes einzelne Mitglied die notwendige spezifische Berufserfahrung, um Bankgeschäfte beurteilen zu können.
Mehr von mir zu diesem Thema, insbesondere auch zum Versagen der SPD Landesregierung im VW Skandal hier.
[1] gemäß einer in der F.A.Z. vom 4.7.2015 (S. 27) zitierten Studie des Schweizer Beratungshauses CEAMS
[2] Mitarbeiter des IMF (Quintyn (2007)) haben in einer Studie die Bankenaufsicht von 32 Ländern untersucht und kommen zum Schluss, dass nur in China und Guatemala die Aufsicht noch abhängiger als in Deutschland ist. Selbst in Ländern wie Kolumbien, Uganda oder Indonesien ist die Aufsicht wesentlich unabhängiger, nicht zu reden von anderen europäischen Ländern oder den USA und Kanada.
[3] https://www.kd-bank.de/wir_fuer_sie/ueber-uns.html und https://www.sozialbank.de/organe/, abgefragt am 26.06.2015. Dies sind nur zwei zufällig ausgewählte Beispiele für Banken ohne klar ersichtliche Bankenkompetenz im Aufsichtsrat.
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