Gerechtigkeit sagt Herr Schulz und lässt die SPD Fraktion im Bundestag einen Gesetzesentwurf zur Begrenzung der Managergehälter einbringen. Kaum ein Thema eignet sich mehr für Populismus als Millionenboni für inkompetente Konzernvorstände. Zurecht. Welcher hart arbeitende und normal bezahlte Mensch kann verstehen, warum VW Vorstände im Jahr der größten Krise 63,2 Millionen Euro Bonus erhalten. Anscheinend ist der Deutschland-AG der innere Kompass abhanden gekommen. Diese Exzesse sind Wasser auf die Mühlen der AfD. Wenn Aufsichtsräte Bodenhaftung und Gefühl für Anstand verlieren, ist es kein Wunder, dass sich die Politik Gedanken über gesetzliche Regelungen macht.

Man darf Herrn Schulz also nicht vorwerfen, dass er diese Themen nicht der AfD überlässt. Leider ist der Vorstoß der SPD zur Begrenzung der Managergehälter aber nicht sehr glaubwürdig. Die SPD Landesregierung in Niedersachsen hat zusammen mit den Gewerkschaften die Mehrheit im Aufsichtsrat von VW. Wie kann die SPD überzogene Managergehälter anprangern und gleichzeitig bei VW die schlimmsten Auswüchse beschließen? Die Vorstände bei VW verdienen gemäß einer Studie der Böckler Stiftung 141 Mal so viel wie die durchschnittlichen Arbeitnehmer. Kein anderer DAX Konzern schlägt derartig über die Stränge. Auch die 63 Millionen Euro Bonus sind von der SPD zusammen mit der IG Metall beschlossen worden. Genauso wie die Idee, Vorstandsbezüge auf 10 Millionen Euro zu begrenzen. Was aber soll ein Höchstlohn von 4.000 Euro pro Stunde? Das ist doch genauso absurd, wie ein Mindestlohn von 85 Cent.

Die SPD Fraktion im Bundestag will, dass die Aktionäre explizit beschließen müssen, wie weit die Schere zwischen Vorstandsbezügen und Durchschnittslohn im Unternehmen auseinander gehen darf. Dieser Vorschlag bringt uns nicht weiter. Ob die Vorstandsbezüge im Aufsichtsrat oder von den Aktionären beschlossen werden, macht keinen Unterschied. Aufsichtsräte sind Delegierte der Aktionäre und Mitarbeiter. Wenn die Aktionäre wirklich der Meinung wären, dass ihre Vorstände überbezahlt wären, hätten sie dies ihren Aufsichtsräten schon lange mitteilen können. Es ist naiv zu glauben, dass ein expliziter HV-Beschluss auf einmal zu niedrigeren Vorstandsbezügen führen würde.

Es ist nicht wirklich objektiv feststellbar, was die Leistung eines Konzernvorstand wert ist. Die Bezahlung richtet sich also nicht nach dem individuellen Beitrag zum Unternehmen, sondern schlicht nach dem Marktpreis. Dieser wiederum ist kulturell beeinflusst. Vor zwanzig Jahren war es auch nicht leichter, einen Konzern wie Daimler zu führen. Dennoch sind seitdem die Bezüge explodiert. Die Fusion von Daimler mit dem amerikanischen Autobauer Chrysler führte zu einem Dammbruch in Deutschland. Gehälter von 1 Million DM, sprich einer halben Millionen Euro, galten damals noch als fürstliche Bezüge. Heute sind 5 Millionen Euro keine Seltenheit.

Auch die enorme internationale Varianz spricht dafür, dass Vorstände nicht nach objektiver Leistung, sondern schlicht nach der gängigen kulturellen Norm bezahlt werden. Es ist schließlich nicht schwieriger, einen in den USA beheimateten Konzern zu führen als einen deutschen, und ein deutscher Konzern ist nicht komplizierter als ein skandinavischer. Dennoch verdienen die Vorstände laut einer Untersuchung des Statistik Portal Statista in den USA doppelt so viel wie in Deutschland, während die deutschen Vorstände wiederum doppelt so viel verdienen wie ihre Kollegen in Skandinavien.

Oft wird behauptet, man könne die Vorstandsgehälter nicht im nationalen Alleingang senken, weil die hochqualifizierten Topmanager dann in die USA auswandern würden. Das ist ein Trugschluss. Die Märkte für Vorstände sind aus gutem Grund lokal. Es ist ganz normal, dass nur 5 Dax-Konzerne von Ausländern geführt werden. Man kann eben nicht problemlos einen Top Manager aus San Diego auf die schwäbische Alp verpflanzen. Genauso tut sich ein deutscher Manager mit der amerikanischen Unternehmenskultur schwer.

In den letzten zwanzig Jahren sind Managergehälter um ein Vielfaches schneller gestiegen als die übrigen Einkommen. Die Graphik oben spricht Bände.[1] Zwar sind die Boni in den Jahren der großen Finanzkrise deutlich eingebrochen. Inzwischen haben sie sich aber wieder fast vollständig erholt. Es ist aus den Unternehmen heraus also keine Trendwende erkennbar.

Für einen DAX Konzern, der Milliarden Euro Gewinne macht, sind ein paar Millionen Euro mehr oder weniger nicht einmal eine Rundungsdifferenz. Großkonzerne könnten ihren Vorständen auch 100 Millionen Euro zahlen. Es ist nicht zu erwarten, dass die Unternehmen von sich aus Zurückhaltung üben werden. Alle Aufsichtsräte sind der Meinung, dass sie selbstverständlich nur überdurchschnittliche Topmanager auswählen. Deswegen werden sie auch überdurchschnittlich bezahlt. So gibt es automatisch eine Spirale nach oben. Ein Klima der Mäßigung kann daher nur aus von der Gesellschaft auferlegt werden.

Bislang haben alle Instrumente versagt, mit denen man den Unternehmen Anreize setzen wollte, um die Vergütungsexzesse ihrer Vorstände zu beenden. Deswegen sollte man ernsthaft in Erwägung ziehen, härtere Vorgaben zu machen. Besonders wichtig ist zu verhindern, dass immer wieder der Eindruck besteht, Vorstände würden auch für Inkompetenz und rein kurzfristige Tricksereien belohnt. In unserem Buch Finanzwende haben wir daher vorgeschlagen, die jährlich auszahlbaren Bezüge auf 500.000 Euro zu kappen. Unternehmen können ihren Managern zwar mehr bezahlen. Zusätzliche Bezüge müssten allerdings an den langfristigen Erfolg des Unternehmens geknüpft werden und dürften erst zehn Jahre später ausbezahlt werden. Wer meint, dass diese Art der Bezahlung sei lebensfremd, muss sich nur die Private Equity Industrie ansehen, die nun wirklich keine Schwierigkeiten hat, die besten Talente zu rekrutieren, obwohl sie diese Art der Vergütung praktiziert.

Zusätzlich sollten wir dafür sorgen, dass Vorstände nicht immer wieder ungeschoren davonkommen, wenn in ihren Unternehmen im großen Stil regelwidrig oder gar kriminell gehandelt wird. Das einzelne Vergehen eines einzigen Mitarbeiters darf man einem Chef nicht anlasten. Sehr wohl aber über lange Zeit andauernde systematische Regelverstöße vieler Mitarbeiter wie zum Beispiel bei dem Dieselskandal bei VW. Neben einer Reform der Vorstandsvergütung brauchen wir eine Reform der Vorstandshaftung.

Wenn diese Vorschläge nicht zu einer Trendwende führen, sollten wir eine Ethikkommission einsetzen, die über Höchstlöhne nachdenkt. Dabei reicht es nicht aus, die Spreizung der Löhne in einem Unternehmen zu begrenzen, weil sonst ein Anreiz besteht, gering qualifizierte Jobs in Zulieferunternehmen auszugliedern und die Ungleichheit dann nicht mehr innerhalb eines Unternehmens entsteht, sondern zwischen den Unternehmen. Die Kommission sollte die Differenz zwischen dem Mindestlohn in Deutschland und einem zu definierenden Maximallohn für angestellte Manager festlegen.

Oft wird gefragt, warum sich die Gesellschaft immer nur über Managergehälter aufregt und nicht über die Millioneneinkommen von Fußballprofis, Popstars oder von Unternehmern wie Bill Gates und Steve Jobs. Im Gegensatz zu Fußballern oder Popstars ist die Leistung von Managern nicht wirklich individuell messbar. Geht es Daimler so gut, weil Herr Zetsche so genial ist oder weil die Marke Mercedes über ein Jahrhundert gepflegt wurde, die Ingenieure und Facharbeiter Verfahrensprozesse und Know-how aufgebaut haben und dieses durch unzählige Patente abgesichert haben? Auch Unternehmensgründer wie Bill Gates oder Mark Zuckerberg brauchen natürlich ein gutes Team. Im Gegensatz zu angestellten Vorständen von uralten Großkonzernen haben diese aber eine eindeutige schöpferische Leistung vollbracht, die von der Gesellschaft so sehr gewertschätzt wird, dass sie zu Recht Milliardäre geworden sind. Es geht hier also überhaupt nicht um Neid vor Reichtum, sondern um Selbstbedienung und mangelnden Anstand in manchen Vorstandsetagen.


[1] Die Daten zu den Vorstandsvergütungen stammen bis zum Jahr 2010 aus der Vergütungsstudie 2011 von Professor Joachim Schmalbach. Von 2010 bis 2014 wurde die Zeitreihe der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger benutzt. Die Zahlen wurden inflationsbereinigt. Um die Zahlen von Schmalbach und der SdK vergleichbar zu machen, wurden nicht die absoluten Zahlen genutzt, sondern jeweils die prozentuale Veränderung. Bei Schmalbach bis inklusive 2010 und bei der SdK ebenfalls von inklusive 2010. Die Zahlen zum Arbeitnehmereinkommen stammen vom statistischen Bundesamt und wurden ebenfalls inflationsbereinigt.

 

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