Geldschöpfung hat etwas mystisches. Wie kommt das viele Geld in Umlauf? Gibt es etwa Menschen oder Institutionen die sich ungeheuerlich daran bereichern? Stimmt es, dass die Geldschöpfung in einem modernen Finanzsystem nicht mehr von den Zentralbanken sprich vom Staat durchgeführt wird, sondern von privaten Banken? Das riecht ungeheuerlich nach Skandal. Könnte man nicht die Geldschöpfungsgewinne wieder dem Staat übertragen? Kann man vielleicht gar damit die Probleme der Staatsverschuldung lösen? Das sind die zentralen Fragen der Debatte über eine Geldreform und Vollgeld.
Kann es sein, dass Banken durch ihre Geldschöpfung auch noch fürchterlich instabil werden? Schließlich hat die private Geldschöpfung etwas damit zu tun, dass Banken aus dem Nichts Kredite vergeben können, dass sie die ihnen anvertrauten Einlagen im Grunde fast beliebig oft weiterverliehen können. Das klingt nach unlauterem Gebaren. Was ist, wenn die Einleger ihr Geld abziehen, fällt dann nicht das ganze Kartenhaus in sich zusammen? Kann man dieses Geldsystem angesichts der extremen Wucht von großen Finanzkrisen wirklich akzeptieren?
Viele sehr seriöse Volkswirte fordern daher seit der großen Finanzkrise der 1930er Jahre und erneut seit der letzten Finanzkrise eine umfassende Geldreform hin zu Vollgeld oder 100% Mindestreservehaltung der Banken. Große Einigkeit besteht, dass mit einer solchen radikalen Reform das Finanzsystem so stabil würde, dass Finanzkrisen kaum noch möglich erscheinen. Weniger Einigkeit besteht, ob eine solche Reform überhaupt machbar ist. Kann man wirklich privat geschöpftes Geld ausrotten? Und wenn man es tatsächlich doch schaffen würde, welchen Effekt hätte dies auf die Wirtschaft? Könnte diese sich noch effizient finanzieren?
Zu diesen Fragen habe ich einen längeren Beitrag geschrieben. Hier als PDF: Kapitel Vollgeld
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vielen Dank für den sehr hilfreichen Kommentar! Wahrscheinlich wird nur die Praxis irgendwann einmal zeigen, ob die Regulierungsbehörden tatsächlich die Finanzinnovationen alle in den Griff bekommen.
Vielen Dank für den übersichtlichen Beitrag.
Sie gehen ausführlich auf das Problem ein, dass die Vollgeldreform durch “Quasi-Geld” (Schuldscheine, Verbriefungen, etc., die so liquide sind, dass sie in der Praxis zu Zahlungszwecken benutzt werden) umgangen werden kann. Die Schweizer Vollgeld-Initiative, die voraussichtlich 2018 zur Volksabstimmung kommt, schlägt deshalb vor, dass der Bund, bzw. die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Möglichkeit erhält, bei Bedarf solches “Quasi-Geld” zu regulieren.
Rechtlich wird das so umgesetzt:
1. Die “Wirtschaftsfreiheit” kann bei Finanzfragen aufgehoben werden, d.h. der Bund kann bei Bedarf regulierend eingreifen und die Produzenten von “Quasi-Geld” können sich dabei nicht auf die Wirtschaftsfreiheit berufen. (Art. 99 Abs. 1 des Initiativtextes, http://www.vollgeld-initiative.ch/initiativtext/)
2. In Art. 99 Abs. 3 wird ein Eingriffsrecht der SNB in private Zahlungsmittel geregelt, soweit diese nicht mit dem “gesetzlichen Auftrag der Schweizerischen Nationalbank vereinbar” sind.
3. Und Art. 99a Abs. 2 lautet: “Sie (die SNB) kann Mindesthaltefristen für Finanzanlagen setzen.” Durch die Regelung von Mindesthaltefristen kann die Entstehung von “Quasi-Geld” verhindert werden.
Von rechtlicher Seite aus kann man wohl nicht mehr machen. Nötig ist in der Praxis aber, dass die SNB und die Öffentlichkeit auch wach ist hinsichtlich gefährlicher Entwicklungen der Finanzmärkte.