Steuergelder für venezianische Banken: Auch in Deutschland möglich?

Italien hat zwei Banken aus der Region Venedig mit bis zu 17 Milliarden Euro Steuergeldern gerettet. Die Aufregung ist groß, weil die Europäische Bankenunion mit der BRRD Richtlinie zur Bankenabwicklung staatliche Rettungsmaßnahmen verhindern soll. Anstatt jedoch mit dem Finger auf Italien zu zeigen, sollten sich deutsche Politiker die Frage stellen, ob bei uns eine regional wichtige Bank Konkurs gehen könnte. Schließlich ist auch in Deutschland die mittelständische Wirtschaft von ihrer lokalen Bank abhängig und auch bei uns werden Bail-in gefährdete Bankanleihen an Kleinkunden verkauft.

Das Beispiel der beiden venezianischen Banken zeigt daher weniger die Schwächen der italienischen Politik als vielmehr die strukturellen Probleme der europäischen Banken­abwick­lung. Gemäß BRRD müssen Einlagen über 100.000 Euro sowie alle Bankanleihen zu einem Bail-in herangezogen werden. Das ist aber politisch nicht durchsetz­bar, wenn damit Kleinanleger und regionale Wirtschaft viel Geld verlieren. Für ein Unternehmen sind 100.000 Euro eine zu geringe Schwelle. Sie müssen ihre Betriebsmittel einer Bank anvertrauen können, ohne sich permanent Sorgen um ihr Geld machen zu müssen. Diese Gelder müssen von einem Bail-in ausgenommen bleiben.

Privatanleger sollten hingegen nur dann Bankanleihen kaufen, wenn sie einen Totalausfall verkraften können. In Italien wurde der Vorwurf laut, dass Banken das Vertrauen ihrer Kunden ausgenutzt hätten, um diesen eigene Anleihen ins Depot zu legen. Das war einer der Gründe, weshalb die Regierung lieber Steuergelder zur Rettung der Banken eingesetzt hat, als Kleinanlegern einen Verlust ihrer Ersparnisse zuzumuten. Dies ist aber kein italienisches Phänomen. Auch in Deutschland zeichnen kleine Sparkassenkunden ahnungslos Anleihen der Landesbanken. Auch hier würde bei einem Bail-in der Vorwurf aufkommen, dass die Banken das Vertrauen ihrer Kunden missbraucht hätten.

Die Konsequenz kann aber nicht sein, Bankanleihen von einem Bail-In auszunehmen. Damit würde Missbrauch in Form von moral hazard Tür und Tor geöffnet und Banken erhielten wettbewerbsverzerrende implizite Subventionen. Stattdessen sollten sich Banken an besondere Sorgfalt halten, wenn sie ihren Kunden eigene Anleihen verkaufen.

Letztlich zeigt sich aber, dass das gesamte Bail-in-Konstrukt auf hölzernen Füßen steht. Immer wird es die Diskussion geben, ob man nicht den Falschen schadet oder ob der Bail-in einen Bank-Run auslösen könnte. Es zeigt sich also wieder, dass Eigenkapital das wesentlich bessere Instrument zur Risikoabsicherung ist: Alle Welt versteht, wenn Aktionäre Geld verlieren. Daher sollten Banken in Zukunft deutlich mehr Eigenkapital einsetzen.

Dieser Beitrag erschien in leicht gekürzter Fassung als Gastbeitrag im Handelsblatt vom 06.07.2017


 

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