Die Energieversorger haben viel Geld mit Atomkraft verdient. Dafür haben sie versprochen, für ihre Altlasten selber aufzukommen. Eine Bundesregierung nach der nächsten hat das blauäugig geglaubt. Erst jetzt, wo die Energieversorger wirtschaftlich am Boden liegen, wird nach einer Absicherung gesucht. Ein Fonds, der die Altlasten übernimmt, soll die Lösung sein. Doch die Konzerne haben nicht ansatzweise ausreichend Geld, um den Fonds zu befüllen. Der Staat wird also weiterhin der mit Abstand größte Gläubiger der Energieversorger bleiben. Es ist daher höchste Zeit, dass er so professionell mit ihnen umgeht, wie jede Bank mit ihren Schuldnern. Ein Dividendenverbot ist angesagt. Sonst wird der Atommüll bei uns Steuerzahlern abgeladen.
Die Beseitigung der atomaren Altlasten wird etwa 175 Milliarden Euro kosten. Altlasten werden jedoch als Rückstellung bilanziert. Anders als bei einem Kredit darf man hier so tun, als ob man Geld anlegen würde, um mit Zins und Zinseszins die Schuld zu tilgen. Das Ganze ist aber nur ein Bilanztrick. Wirkliches Geld muss man nicht zurücklegen. Auch die Versorger haben getrickst: Sie haben eine Schuld an den Staat gebucht, die auf 38 Milliarden Euro künstlich klein gerechnet wurde. Gerechnet wurde mit einem Zinssatz von 4,58%. Man meint, das sei der richtige Zinssatz für eine risikofreie Geldanlage. So hohe Zinsen sind am Markt jedoch nicht zu erzielen. Auch die Gutachter des Wirtschaftsministeriums halten die 4,58% für falsch. Mit einem realistischen Zinssatz wären die Schulden etwa doppelt so hoch, knapp 80 Milliarden Euro.
Mit diesem Betrag müsste ein Fonds befüllt werden. Die Unternehmen haben aber nur finanzielle Mittel und Tafelsilber in Höhe von maximal 40 Milliarden Euro. Trotz Fonds wäre der größte Teil der Schuld gegenüber uns Steuerzahlern also weiterhin blauäugig unbesichert. Keine Bank würde einen so hohen Kredit vergeben, wenn nicht eindeutig ausgeschlossen wird, dass sich die Aktionäre Dividenden ausschütten, bevor die Schulden getilgt sind.
Ein Dividendenverbot würde im Fall der Atomkonzerne bis ins 22. Jahrhundert reichen. Das kommt nicht infrage. Aber den Unternehmen volle Dividendenfreiheit zu erlauben, bevor sie einen Fonds mit 80 Milliarden Euro befüllen können, wäre fahrlässig. Genauso muss die unverfrorene Idee von E.ON, das ertragreiche und zukunftsträchtige Geschäft abzutrennen, verhindert werden. Sonst ist der Staat Gläubiger eines nicht lebensfähigen Unternehmens. Eine Nachhaftung des abgespaltenen Unternehmens, wie von der Bundesregierung vorgeschlagen, läuft ohne Absicherungen langfristig unkontrollierbar ins Leere. Wer weiß, ob es in Jahrzehnten die abgespaltene Gesellschaft überhaupt noch gibt.
Und der Staat muss harte betriebswirtschaftliche Kennzahlen mit den Energieversorgern vereinbaren. Jede Bank hat solche Kennzahlen mit hoch verschuldeten Unternehmen, um ihre Forderungen zu schützen. Bei Verletzung der Kennzahlen dürfen die Banken die Kontrolle des Unternehmens übernehmen. Solch ein Frühwarnsystem mit diesen Eingriffsrechten muss es auch in dem Schuldverhältnis zwischen den Versorgern und dem Staat geben.
Noch hat es der Staat in der Hand. Mit einer professionellen Absicherung muss der Atommüll nicht bei uns Steuerzahlern landen.
// Dieser Text erschien im Handelsblatt. Hier als PDF Version: Atomrückstellung HB
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